Reisen sind mir seit der Währungsunion nicht mehr möglich.
II
Doch, ja: für einen einzigen Tag war ich 1991 an der Nordsee.
Habe einen Watt-Spaziergang gemacht.
Die letzten finanziellen Reserven zusammengekratzt, um diese Kurzfahrt zu machen.
Zu kurz, um sagen zu können:
ich kenne die Nordsee.
Lang genug, einen Eindruck in meine Seele aufzunehmen.
Schlickgeruch.
Tang.
Schafe auf dem Deich.
Weite.
Einsamkeit.
Wandern.
Sehnsucht nach Meer.
III
Ganz anders dagegen damals das Schwarze Meer.
Bulgarische Provinz.
Grenze zur Türkei.
Sonne satt und
Sonnenblumenkernschalen und Dudelmusik.
Überfüllte Strände.
Lautes Leben.
Leider hat der Umgang der dort beheimateten Männer
mit (unbegleiteten) Frauen so gar nichts mit
unseren westeuropäischen Umgangsformen und Werten gemein
und ich mag an diesen Alptraumurlaub nicht denken.
IV
Andere Meere kenne ich nur aus Filmen und Literatur.
Sie werden wohl immer unerfüllte Sehnsuchtsorte bleiben.
Lesen von fernen Meeren, fernen Welten
in Büchern und Blogs.
Wenn in Canada jemand die Hand in den Ozean hält
freue ich mich über das Foto.
Mehr geht nicht.
Für mich.
V
Es ist das Fernweh, die mir unmöglichen Reisen,
die mich als Bloggerin und - leserin eher an Blogs
aus der weiten Welt denn an denen Deutschland interessiert sein lassen.
Mit einigen Ausnahmen natürlich, die mir lieb und wert geworden sind. Die Bloggerinnen dahinter.
VI
Bei Büchen fällt mir als erstes Jack Kerouac ein.
Seine groszartige, Stimmungbilder zeichnende Erzählung
"Mein Bruder, die See".
Ich besitze eine Ausgabe, die zusätzlich mit Schwarzweiszphotos
verschiedener berühmter Fotografen illustriert ist.
Die machen das Buch nochmal zu einem ganz Besonderen.
Lieblingsbuch eben.
Geheimtip von mir.
Auch Konstantin Paustovski fällt mir ein mit
seinen Beschreibungen von Odessa, der Krim und dem Leben
in den unsicheren Zeiten kurz nach der Revolution.
Und James Krüss mit seinem "Leuchtturm auf den Hummerklippen"
Und auch das hier ist ein wunderbares Fernweh-Buch:
VII
Unbedingt erwähnen möchte ich noch "Meeresrand" von Veronique Olmi.
Ich habe vor Jahren hier schon darüber geschrieben.
Ein Buch voller Trostlosigkeit, die jede Hoffnung und Freude erstickt.
So, wie es geschehen kann mit Menschen in unseren Breiten,
die allzu lange Armuts- und Mangelerfahrungen ausgesetzt sind.
Ich selbst versuche tapfer, genau DAGEGEN zu leben.
Und ich denke, ich kanns. Aber nicht allen gelingt das.
VIII
Natürlich weisz ich um die Ausbeutung und Zerstörung der Weltmeere,
um Umweltkatastrophen und Plastikmüll.
Das läszt mich nicht kalt und ich musz mich oft bewuszt
von solchen Bildern und Artikeln abgrenzen.
Um nicht kaputt zu gehen.
Sicher ist es ein guter Weg, die eigenen Lebens-und
Konsumgewohnheiten zu hinterfragen.
Achtsam zu sein.
Zu verzichten.
Auf zu viel Plaste, Kosmetik, Flüssigwaschmittel oder Microfasermaterial,
das beim Waschen Microplastik ans Wasser abgibt.
Aber ich mache mir nicht die Illusion, das würde irgendwie noch viel nützen.
Nehme mich selbst mit solchen Aktionen auch nicht besonders wichtig.
Westeuropa mit seinem Reichtum und dem wachsenden Bewusztsein ist viel zu klein,
um im Alleingang noch eine Umkehr oder einen Stillstand zu schaffen.
Solange ärmere Länder arm bleiben, weil sie ausgebeutet werden - eben von den Reichen in Europa und Übersee - wird das Problem nicht wirklich zu lösen sein.
Das ist längst zu spät und ein globales Umdenken und Umstrukturieren der gesamten Produktion und des Konsumverhaltens sehe ich in der jetzigen Welt als unmöglich.
IX
Zu guter Letzt noch zwei für mich schöne russische Lieder.
Eins von der kindlichen Sehnsucht, ein Seemann zu werden und ferne Inseln zu entdecken.