Mittwoch, 10. April 2019

Zeit und Zeiten



" ...Zeit ist was Gemeines.
Ich knüll die Stunden wie ein Stück Papier..."

- ein abgerissener Textfetzen aus einem Song von Veronika Fischer
kommt mir seit Ewigkeiten immer wieder in den Sinn.


Angeregt durch Astrid versuche ich heute auch mal,
mich am Monatsthema der Zitronenfalterin zu beteiligen.


Zeit - so kurz(weilig) und so unendlich lang!
Kindersommer, ohne Anfang, ohne Ende
und "gestohlene" Zeit heute, abgezweigt vom Notwendigen (?)
um etwas Zeit zu vertrödeln, zu genieszen
und immer die Stimme der Mutter im Ohr:
"Womit Du nur immer deine Zeit verplemperst!"
Und mein Liebster, der meint,
mit mir verginge die Zeit noch schneller 
also so schon, als früher.
Ganz besonders an schönen Orten und Tagen
da die Zeit stillzustehen scheint
und die Uhr unerbittliche 5 Std. weitergezählt hat indessen -

Der Zahn der Zeit.
Für mich ein gutes Sprachbild
und mit ihren Zähnen
hat sie mich auch oft gepackt
wenn Tagwerk zu erledigen ist
Unangenehmes und Pflichten
all dieses sinnlos-Zeug:
Wartebänke, Antragsformulare,
Amtstermine und all das.
Und manchmal verzichte ich lieber
als mir das immer wieder anzutun.

Wegezeit, die fünffach ins Gewicht fällt
gegenüber Autofahrern
das prägt schon den gesamten Lebensstil,
bringt positive Entschleunigung, 
doch schafft es auch den Mangel 
an Erlebnisqualität:
Orte niemals zu erreichen,
so viel Schönes nie zu sehn.
Und der gesamte Tag geht drauf
für 10 Minuten Arztbesuch...

 Insofern waren unsere Altvorderen sehr viel bescheidener.
Die kannten noch kein Fernweh 
und blieben sowieso an ihrem Ort.

*

Zeit.
Jeder hat gleichviel davon
jeder kann etwas draus machen
schön, wem das gelingt
ohne zu viel Fremdbestimmung!

Manchmal beneide ich die,
die da auf den Bänken sitzen
Tag für Tag und deren Zeit
sich irgendwie anders zählt als meine.

"Bring ich den Tag rum
oder bringt mich der Tag um?"
ein erinnerter Spruch aus der Frösi -
einst beliebtes  Beschäftigungsmagazin der Jungpioniere
(Abkürzung für "Fröhlich sein und singen" - 
Hymne der Pioniere seinerzeit).
 Nein, Langeweile hatte ich nie!
Bin eher der Typ, dem jeder Tag
24 Stunden zu wenig hat
für alle Einfälle, für Schönes
und zum Genieszen.

All die Zeiten sind vergangen:
die schwierigen Jahre der Schule
die Glücklichen danach
zwischen Zwanzig und Dreiszig
und dann der Überlebenskampf 
von Dreiszig bis Mitte Vierzig
- da hatte ich noch Kraft dazu -
was später kam, 
war oft kaum noch zu meistern.
Zeit des Lehmstaubs und des Chaos'
eine Heimstatt sich zu bereiten
in einem stark gebrauchten
Domizil.
Und all die Bilder, die ich in die Welt gesetzt hab
in meiner noch schöpferischen Zeit:
in alle Winde zerstreut, sinnlos zerstört oder verloren
- es ist am Ende nicht viel
was bleibt
von vergangenem Leben.
Meistens doch nur
der alltägliche Plunder.

Mach's Beste daraus! ist heute mein Motto
wenn Pflichten und Krankheit mich lassen
mich freigeben aus ihrem Klammergriff.
- Nicht immer so einfach
 das einfach so
abzuschütteln -

Als allergröszte Unhöflichkeit anderen gegenüber
empfinde ich Zu-spät-Kommen.
Ich meine jetzt nicht das berühmte akademische Viertel
sondern so bis zu 5 Stunden und das jedes Mal.
Es gibt solche Menschen.
Und dieser achtlose Umgang mit der Zeit anderer
regt mich wirklich auf.
Klar ist es an mir, einen anderen Umgang damit
zu lernen und es irgendwie zu schaffen
diese Zeit trotz Wartens
sinnvoll zu verbringen.


"Es ist nicht wenig Zeit,
die wir haben
sondern viel Zeit,
die wir nicht nutzen"

sagte Seneca.




Dankbar zu sein für "geschenkte" Zeit
die ganz mir gehört ist alles
was ich will und was ich tun kann.

So gesehen stehe ich gerne früh auf:
die stille Stunde, die noch mir gehört
und nach der Sommerzeit-Umstellung 
scheint es mir abends 
dann auch wie eine geschenkte Stunde:

Mehr Licht.

4 Kommentare:

  1. Guten morgen liebe Mascha,
    ich will gar nicht viel schreiben zu deinen Worten für die Zeit.
    Denn jeder Satz ist wirklich großartig.
    Du fasst das in Worte, was Zeit wirklich bedeutet.
    Und das Zeit ein Begriff ist, den jeder Mensch wohl anders interpretiert.
    Allen gemein ist jedoch,
    je älter man wird, um so schnell verrinnt sie,
    die Zeit !
    Danke für deine Worte.
    Hab`einen guten Tag
    Jutta

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  2. Da hast du viel zusammengetragen an eigenen Gedanken, treffenden Zitaten und persönlich Erlebtem, was mich sehr angesprochen hat. Die Stunden knüll ich wie ein Stück Papier - so geht es mir in mancher Hinsicht auch und gleichzeitig rennt sie mir davon und scheint rückwirkend auch teilweise verplempert für die falschen Dinge, deren Wert ( oder Unwert ) ich erst in der Rückschau erkannt habe.
    Danke für diesen Beitrag, auch mit dem schönen Kaleidoskop am Anfang!
    Herzlich
    Astrid

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  3. ...I love your kaleidoscope image!

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  4. so ein schöner intensiver Post, danke für deine aufgeschriebenen Gedanken. Vieles kann ich bedingslos unterschreiben und reflektieren.
    Immer die Zeit als eigene Zeit er-leben, das ist es was uns allen, jeder auf seine Lebensart, gut tut.
    Gruß zu dir
    heiDE

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