Nach dem Tod ihres Ehemanns fühlt sich Alexandra allein und beschließt, ihren Enkel nach sieben Jahren wiederzusehen. Er ist Hauptmann in einem in Tschetschenien stationierten Regiment. In Truppenwaggons und einem Panzerwagen unternimmt sie die Reise in das weit entfernte Grosny. Die Soldaten empfangen sie respektvoll, scheinen jedoch nicht mehr so richtig zu wissen, wie sie mit einer Frau und dazu noch einer in diesem Alter umgehen sollen. Alexandra wird in einem der Zelte untergebracht - ein ganz und gar unangebrachtes Quartier für eine alte Frau und bei 40 Grad im Schatten.
Am nächsten Morgen kann Alexandra endlich ihren Enkel sehen, Denis. Als er sie durchs Lager führt, beobachtet die alte Frau, wie die jungen Soldaten ihre Gewehre putzen, steigt in Panzer und hält eine Kalaschnikow in der Hand. Sie versucht, das Leben ihres Enkels zu verstehen, merkt aber auch, dass er sich in der Kriegsrealität zu verlieren droht. Sie macht sich Sorgen um seine Moral und darum, was aus ihm wird, wenn er aus dem Kriegsgebiet zurückkehrt. Auch die anderen Soldaten interessieren sie. Mit erstaunlicher Selbstsicherheit spaziert sie durch diese Männerwelt und versucht, in jedem Uniformträger den Menschen hervorzukitzeln.
Als Denis mit seinen Truppen ausrückt, unternimmt Alexandra einen Ausflug auf den Markt in der nahe gelegenen Stadt und wird sofort als Russin erkannt. Einige Marktverkäufer ignorieren sie und möchten ihr nichts verkaufen. Anders Malika, eine Muslimin und Mutter, die dort einen Stand hat. Unter den misstrauischen Blicken der Männer sympathisiert sie mit Alexandra und lädt sie sogar zu sich nach Hause ein. In kürzester Zeit entsteht eine Nähe zwischen den beiden Frauen. Sie merken, dass sie trotz der geografischen Entfernung und des anderen sozialen Umfelds, die gleichen Sorgen haben und von der gleichen Freiheit träumen.
Ein tschetschenischer Junge bringt sie ins Lager zurück. Auf seine Bitte: "Lassen Sie uns! Wir sind müde, wir halten das nicht ewig aus", antwortet sie: "Ach Junge, wenn das alles so einfach wäre! Betet um Verstand!"
"Alexandra" ist kein Kriegsfilm, obwohl er mitten im Krieg spielt. Der Zuschauer wird mit keiner einzigen Kriegsszene konfrontiert, es fallen keine Schüsse, und auch Kampfszenen werden nicht gezeigt. Obwohl der Krieg nicht im Vordergrund steht, weiß der Zuschauer trotzdem, dass es in jedem Moment um Leben oder Tod geht. Die Art jedoch, wie mit dem Kriegsalltag umgegangen wird, wie die alte Frau im gepanzerten Waggon zum Lager fährt, wie sie eine Kalaschnikow ausprobiert oder in einen Panzer klettert, lässt in dieser eigentlich unmenschlichen Welt die menschliche Seite aufscheinen. Mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit wandert Alexandra im Lager umher, spricht mit den Soldaten, sucht den Menschen in ihnen hervorzukehren. Bei ihrem Ausflug auf den Markt im Nachbardorf ignoriert sie, dass ihr Enkel genau gegen diese Menschen kämpft. Für sie sind es einfach nur Menschen.
Alexander Sokurov hat seinen Film an Originalschauplätzen gedreht und nicht, wie so viele andere Filmemacher, einen sichereren Drehort gewählt. Für ihn war es wichtig, im Krisengebiet Tschetschenien selbst zu sein. Er wollte die wahren Spannungen einfangen, die es nur vor Ort in Grosny gibt. Einen anderen Ort als diesen auszugeben, wäre für ihn einer Art Entwürdigung gleichgekommen. Um die Dreharbeiten sicher zu überstehen, mussten höchste Sicherheitsvorkehrungen unternommen werden. So wurde die Crew beispielsweise in gepanzerten Wagen transportiert und von Eskorten begleitet.
Mit "Alexandra" wollte Sokurov explizit nicht auf den aktuellen Konflikt reagieren; für ihn könnte der Film auch vor 40 Jahren spielen, genauso aber auch in 40 Jahren. Manch einer hat ihm vorgeworfen, seinen Film unter der schützenden Hand der russischen Armee gemacht zu haben, um nicht zu sagen, "embedded", und deren Menschenrechtsverletzungen zu ignorieren, weil er nicht "politisch" sein will.
Die Rolle der Großmutter spielt eine russische Legende: Galina Vischnevskaja, 1926 in Leningrad geboren, ist sie eine sowjetische Operndiva. Vischnevskaja setzte bei der Rollengestaltung Leib und Leben ein. Sie heiratete 1955 den Dirigenten und Cellisten Mstislav Rostropowitsch, mit dem ihre Kunst eng verbunden war. 1974, im selben Jahr wie Solschenizyn, wurden die beiden als Dissidenten aus der UdSSR ausgewiesen; vier Jahre später wurde ihnen die Staatsangehörigkeit aberkannt. Erst 1990 wurde sie ihnen wieder zuerkannt, und Vischnevskaja kehrte nach Russland zurück. Sie eröffnete 2002 ein Zentrum für Operngesang. "Alexandra" ist ihre zweite Filmrolle.
Alexander Sokurov ist heute einer der wichtigsten russischen Regisseure, dessen Filme international auf Anerkennung gestoßen sind. Sokurov absolvierte die Moskauer Filmhochschule. Sein Abschlussfilm "Die einsame Stimme des Menschen" (1978) wurde zehn Jahre später in Locarno mit dem Bronzenen Leoparden geehrt. Zehn Jahre lang waren seine Filme in der UdSSR verboten, Nach dem Fall der Sowjetunion hat Sokurov zahlreiche Preise auf der gesamten Welt erhalten. So 2003 den FIPRESCI-Preis in Cannes für "Vater und Sohn" und 1999 den Preis für das beste Drehbuch für "Moloch", einen Film über das Leben von Hitler aus Sokurovs Tetralogie über Herrscher. Sokurows bekanntester und auch erfolgreichster Film ist "Russian Ark", eine 90-minütige Kamerafahrt ohne Schnitt durch die Ermitage, in deren Saalfluchten er russische Geschichte Revue passieren lässt.
"Alexandra" lief im Wettbewerb um die Goldene Palme bei den Filmfestspielen in Cannes 2007.