Samstag, 1. Juli 2023

Statt Friedensgebet

 

...heute mal etwas Kultur.
Kleiner Spaziergang durch einen der ältesten Stadtteile
der Hauptstadt des potentiellen EU-Mitgliedslandes.

Die Tatarka

 
Zentral gelegen auf dem "groszen Hügel" von Kiev
bekam sie ihren Namen von den aus Nisznij Novgorod nach Kiev
eingewanderten Tataren: Kaufleuten und Seifensiedern,
die Mitte des 19.Jh. dort zumeist einstöckige Holzhäuser erbauten.
Sie erbauten sich auch ein Gebetshaus, denn sie waren Muslime (min.3:00).
Eine Moschee hatten sie in Kiev damals nicht.
 
Die Tatarka war in vergangener Zeit auch der Bezirk der Spitzbuben und Gesetzlosen,
um den die Polizei einen groszen Bogen machte...

Das Viertel wird an einer Seite von der sogen. Wolfsschlucht begrenzt.
Dort soll es noch um 1900 herum wilde Tiere gegeben haben.
Noch früher nannte man sie Sachsenschlucht.
In Folge des Krieges 1812 (Napoleons Ruszlandfeldzug) 
gab es dort eine Ansiedlung sächsicher Gefangener
(hat man die also den Wölfen zum Frasz vorgeworfen?).
 Die heutige Bezeichnung Grüne Strasze hat noch ältere Wurzeln: im 17.Jh. 
- wenn nicht noch früher - gab es dort Brunnen, 
deren Wasser einen grünen Beigeschmack gehabt haben soll.

An der Westgrenze der Tatarka befindet sich die Knitov-Schlucht, 
benannt nach der Gutsherrenfamilie Knitov, 
die Anfang des 19.Jh. das Land dort urbar machte.
Dort ist auch die Quelle des Glubichitza-Flusses.
Sein Wasser ist heute unterirdisch kanalisiert, während es früher
von der gesamten Tatarka zum Wäschewaschen genutzt wurde. 
 In der unwegsamen Hanglage gibt es alte Gärten und eine Datschensiedlung.
 
Die Ruhe und das viele Grün schätzten auch allerhand Künstler und Intellektuelle
und so entstanden dort noch zur Zarenzeit immer mehr Ziegelsteinvillen .
Der Wissenschaftler und Arktisforscher O.J. Schmidt lebte dort 
- er war ab 1916 Privatdozent an der Kiever Universität.
Auch die Villa  Leonid Savranskiys ist als Baudenkmal bis heute erhalten ( min 6:40).
Vorher hat das schloszartige Anwesen, erbaut 1880-90 mit den gelben Ziegeln 
der dort ansässigen Ziegelei Saizev,  einem Baron Voronzov gehört.
 
Einer der Aufseher in dieser Ziegelei war der Jude Menahem Mendel Beilis,
welchem 1911 ein Ritualmord an dem 12jährigen Priesterschüler
Andrej Juschtschinsij nachgesagt wurde,
um angeblich mit Christenblut Mazzen herzustellen.
Das hatte massive Judenpogrome zur Folge und geriet zum Politikum
Beilis wurde verhaftet, später aber aus Mangel an Beweisen frei gesprochen
und er wanderte mit seiner Familie nach Palästina, später in die USA aus. 
Die wahren Mörder (keine Juden) wurden erst 1919 für die Tat verurteilt.

Anläszlich des 400. Todestages des Erzmärthyrers Makarius wurde 1897
eine kleine blaue Holzkirche im karelischen Stil errichtet.
Sie enthält einige Reliquien des Kiever Metropoliten,
der seinerzeit von Tataren umgebracht wurde. 
Dies ist die letzte erhaltene Holzkirche in Kiev.

Die Tatarka ist heute ein Gemisch aus modernen Wohnbauten, Sowjetarchitektur
und noch allerhand - zumeist unbewohnten - alten Villen und den letzten 
verfallenen einstöckigen Häusern -
ein belebtes architektonisches Konglomerat mit ruhigen Ecken,
verlassenen alten Straszen, verwilderten Gärten, mitten in Kiev.
Kurz: ein geschichtsträchtiger Ort, wo es derzeit noch allerhand zu entdecken gibt,
das bald ganz und gar verschwunden sein wird.

Ich denke, ich habe jetzt alles wiedergegeben, was der Filmer erzählt.
Laszt einfach die Bilder auf Euch wirken und für sich sprechen!



 

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