und forderte mich zu eigenen Gedanken heraus.
Zitat:
“Wie kommt es zum Gap zwischen realem und gefühltem Alter? Warum ändert
sich das Gap im Lauf der Zeit – mal mehr, mal weniger – mal nach oben,
mal nach unten?”
Das mit dem Gap und vor allem - das Gap - habe ich auch erst nicht kapiert
und ich werde dieses Modewort nicht in meinen Wortschatz integrieren.
Solche Begriffe mag ich einfach nicht!
Leute, die mich persönlich kennen, empfinden mich häufig als eine
"Person des 19.Jahrhunderts", im positiven Sinn.
Das war mit Anfang Zwanzig so und das trifft es auch jetzt noch.
Überhaupt hat sich seither bei mir nicht viel geändert - auch der nicht so ganz
ernst gemeinte Spruch "mal wie 15 und mal wie 85"
stammt von damals und paszt heute noch. Genau so.
Liegt halt an der Tagesverfassung und solchen Dingen wie Schmerzschüben
und ähnlichen Widrigkeiten, die mich einen Groszteil
meines Lebens begleitet haben.
Als Kind war ich die grosze Schwester und fand das gräszlich,
denn ich bekam alle Strenge - um nicht zu sagen Härte -
Beim Nachfolger wurden dann diese Regeln doch weitgehend aufgeweicht...
Vielleicht lag es auch mit daran, dasz ich immer "Die Vernünftige"
zu sein hatte, jedenfalls fühlte ich mich als Kind weniger zu Gleichaltrigen,
sondern mehr zu älteren Kindern bzw. ganz und gar zu Erwachsenen hingezogen.
Als Asperger-Autistin sehr themenorientiert,
fand ich in Älteren einfach die besseren bzw. ernsthafteren Gesprächspartner.
Gespielt habe ich ansonsten ohnehin lieber allein.
Auch Partner waren bedeutend älter als ich, und das nicht
nur in der Schulzeit, wo mir gleichaltrige Jungen einfach "zu grün" waren.
So erschienen mir Menschen (nicht ausschlieszlich Männer) auch später noch oft.
Wobei mir natürlich klar ist, dasz geistig-seelische Reife keine Frage
von Lebensjahren ist und da stehe ich entsprechenden Begegnungen
auch stets sehr offen und dankbar gegenüber.
Mein eigenes gefühltes Alter hat dies jedoch nicht beeinfluszt, würde ich sagen.
Mit 50 kam dann mein jetziger Schatz - fünfeinhalb Jahre jünger als ich.
Aber es paszt einfach und das gemeinsame Älterwerden ist fest geplant,
anders gar nicht vorstellbar.
Nach Geburtsdatum bin ich 61, aber diese Zahl sagt mir eigentlich nichts.
Höchstens, dasz die Zahl meiner Lebensjahre endlich ist
und das finde ich ziemlich erschreckend.
Weil die Zeit - gefühlt - irgendwie immer schneller vergeht.
Darüber denke ich aber lieber nicht nach!
Und das hat auch nichts mit meinem eigenen gefühlten Alter zu tun.
Ich werde meist jünger geschätzt und selbst fühle ich mich eher zeitlos.
Wie eine Dame im gesetzten Alter jedenfalls nicht
und wie eine Dame schon gar nicht!
Alter wird mir höchstens bewuszt, wenn eine bestimmte Yogaübung
oder eine Ballettposition nicht mehr geht und ich dann ahne,
dasz dies auch nie wieder gehen wird.
Wenn sich die Sehschwäche verstärkt und die Gehbehinderung.
Wenn der Körper nicht mehr so mitspielt.
Und das tut er bei mir ziemlich massiv.
Und auch das nicht erst seit gestern.
Trotzdem lasse ich mir vieles nicht so einfach vermiesen
und habe meine Freude am Leben.
An Dingen, die man in meinem Alter nicht mehr tut. -
Nein, ich war nie viel von Kindern umgeben,
ich habe - von selbst - zu Kindern kaum einen Draht.
Kann eigentlich gar nicht mit Kindern.
Komischerweise gibt es ab und zu aber ein Kind, welches zu mir
einen Draht hat und dann läuft die Sache ganz wunderbar!
Ist dann wohl ein ähnliches Kind, wie ich früher selbst
eines war und nun sind die Rollen halt umgekehrt.
Kein Problem!
In einem Forum wurde kürzlich gefragt, ob man als reife Frau
gerne Sex mit wesentlich Jüngeren hätte.
Nein danke, sage ich da nur!
Wers reiszvoll findet, warum nicht? Ich werte das nicht moralisch.
Für mich selbst aber unvorstellbar.
Ich kenne sehr nette, tiefgründige, gebildete Studenten
und unterhalte mich mit ihnen gern.
Aber erotisch läuft da garnix, sowas geht für mich nicht.
Obwohl ich mich, in meiner ganzen Lebenshaltung,
eher selbst wie eine Studentin fühle oder gern eine wäre.
Ja, ganz real: ich würde sehr gerne studieren!
Auch heute noch.
Wissen und Themen haben mich halt immer fasziniert.
Neues zu lernen macht mir einfach Freude!
Vielleicht liegt es mit daran,
dasz ich mich zeitlebens jünger fühlte (?)
Die gesammelte Lebenserfahrung scheint für mein gefühltes Alter
jedenfalls keine besondere Rolle zu spielen.
Lebenserfahrung habe ich mehr als genug.
Sehr viel von der Sorte, die man am liebsten nie machen möchte.
Wer weisz schon, wie ein ganz und gar unbehaustes Leben
zu meistern ist, wie man sich in einem verlassenen Haus ohne Türen
und Fenster(und natürlich auch ohne Wasser und Strom)
mit einfachsten Mitteln eine Alarmanlage baut?
Und ganz viele andere Dinge, die ich hier lieber nicht nennen möchte.
Erfahrungen, gesammelt unter widrigsten Umständen oft -
Ja, die hatte ich häufig, von Kindheit an.
Und später erst recht.
Ob prekärste Verhältnisse oder das eigene Anders-Sein (unfreiwillig, behindert)
und ein Leben ohne jegliches soziales Gefüge.
Immer hilflos und wehrlos gegen die "korrekten" Menschen.
Gegen die im Schwarm. Denn nur da fühlen sie sich stark.
Und eine ist halt immer in der Hackordnung ganz unten.
So funktioniert das nun mal.
Da gab es Traumata und Verletzungen, sind Alpträume bis heute
geblieben, aber älter fühle ich mich deshalb nicht.
Ganz und gar nicht!
Versuchte schon immer, die guten Zeiten und Erlebisse umso mehr
zu genieszen und dankbar zu sein ganz bewuszt.
Für Gutes, was mit geschenkt wird.
Letzten Endes ist es das, was für mich zählt.
Und ich hab meinen Anteil am Schönen noch gar nicht ausschöpfen können,
und ich wünsche mir davon einfach noch so viel mehr.
Und vielleicht erhält mich das irgendwie jung?
Wie gesagt, es gibt Tage, da fühle ich mich wie 85.
Aber eigentlich bin ich eine Art zeitloses Wesen.
PS: auch ich habe - wie Uschi - erst geschrieben und danach
die anderen Beiträge gelesen - auf die Idee, mein biologisches Alter zu ermitteln,
kam ich dabei nicht. Mit meinem Gefühl hätte das auch rein gar nichts zu tun.