Montag, 3. Oktober 2022

Ganz eigene Gedanken zum heutigen Feiertag

 

Wiedervereinigung. Deutsche Einheit.
Zweiunddreiszig Jahre ist es her.
Ich war damals 30... bin jetzt also länger
in der BRD als ich es war in der DDR.
 
Die erste Euphorie der geöffneten Grenzen
schon damals fast verflogen.
Gute Strukturen zerstört, funktionierende Betriebe
einfach platt gemacht. 

Die vielgepriesene Demokratie konnte ich
nie wirklich als solche sehn.
Meinungsäuszerungen zwar erlaubt und straffrei
echte Chancen zur Mitbestimmung/Gestaltung aber nicht.
In den neuen Alt-Parteien keine Heimat für mich.
Blieb nur die PDS, später Linke.
Ungefähr bis zur Erscheinung Lafontaines.

Die vielgepriesene Freiheit real eine des Geldes.
Was nie da war.  
Fast zwanzig Jahre in der Leistungsgesellschaft
abgestrampelt, doch nie leistungsfähig genug
über die unterste Stufe hinauszukommen.
Essen suchen in Contaiern schon damals.
Heute kaum anders. Mit winziger Rente.
Die nächstgröszere Stadt liegt auf einem fernen Planeten.

Nie wirklich angekommen in einem fremden System
mit anderen Schwachstellen als unseres. Damals.
Ohne Kofferpacken ausgereist.
Unfreiwillige Emigration.

Krampfhaft versucht, die Vorzüge der Demokratie 
und Europas zu finden. 
Nicht gänzlich gelungen.
Seit ungefähr zwei Jahren - und erst recht seit diesem Krieg -
geht das nun wirklich nicht mehr.
Deutschland hätte die NATO verlassen müssen.
Gleich damals. 
Neutralität.
Nun ist es zu spät.

Mich persönlich eingerichtet,
die eigene Lebensnische wohnlich gemacht
so gut es eben geht.
Mehr kann ich nicht tun.
Das Gefühl des Abstellgleises bleibt.
Wächst. 

Durchaus einige Segnungen schätzen gelernt.
Die Möglichkeit, fast jedes Buch problemlos und preiswert zu beschaffen.
Kleidung, die man - getragen - teilweise umsonst bekommt.
Das Überangebot an Waren befremdet mich allerdings bis heute.
Und die Vernichtung von Lebensmitteln auch.
 
Die Nachbarschaft fremder Kulturen und Sprachen
empfinde ich als positiv und bereichernd.
(Ausnahmen gibts immer und überall)
Die vergewaltigte deutsche Gendersprache und vieles
Pingelig-Überkorrekte dagegen nicht.

Die Welt steht offen, aber nur, wenn man Geld hat.
Nix davon gesehen bis heute.
Hinter der ach so schrecklichen Grenze eingesperrt,
hab ich es immerhin fast bis zum Ural geschafft. 
Damals.
Heute ist (Blog-)Lesen mein Reisen in fremde Länder.
Da erfahre ich auch ganz schön viel.
Solches, was nicht in den öffentlich-rechtlichen Medien vorkommt.
Die rudimentäre slawische Sprachkenntnis hilft mir grad jetzt
den Krieg - für die einfachen Menschen - besser zu verstehn.

Ich lebe gut, für mein eigenes Verhältnis.
Das kann ich nicht anders sagen.
Trotzdem ein ernüchterndes Resümee.
Die Fremdheit, das Emigrationsgefühl
sind bis heute geblieben.
Allerdings bin ich wohl nicht so sehr Ost-Deutsche
als Ost-Europäerin.
Feiner Unterschied noch.

5 Kommentare:

  1. Liebe Mascha,
    wir haben ja telefoniert und ich habe dich ein bisschen näher kennengelernt. Das hat mich sehr gefreut und möchte mal weder mit dir sprechen.
    Ja, das Überangebot an Waren lässt mich manchmal auch schwindelig machen. Was brauch man z.B. verschiedene Sorten von Butter, das nun mal als Beispiel. Aber jeder Erzeuger oder jede Firma möchte eben mitmischen, das ist nun mal so.
    Aber es befremdet mich schon auch oft, wenn man viele Lebensmittel vernichtet imd wegwirft. Ich bin von der Oma her und von zuhause gewöhnt, alles zu verwerten. Wenn ich sehe, wie hier die Äpfel unter dem Baum verfaulen, vor allem Quitten, die man so gut verwerten kann ebenso verfaulen usw. dann könnte ich.
    Ich habe auch ein Feld gesehen, da wurden die Kartoffel maschinell geertet und da lagen noch einige Kartoffeln rum, das waren mindestens 5 Kilo, da hätte man sich bedienen können, aber das darf man nicht, weil es Diebstahl ist.
    Zum System in der DDR kann ich nicht viel sagen, hatte aber eine Brieffreundin, die war ganz zufrieden mit ihrer Situation und als wir vor Jahren in Stralsund gewesen sind, sagte auch die Besitzerin des Ferienhäuschens, es wäre ihnen gutgegangen und zu essen hätten sie genug gehabt.
    Nur eben das System, war es eben und sie steuern ja im Moment auch dagegen, weil sie wissen, was hier kommen kann. Sie konnten halt nicht reisen, eben nur im Ostblock usw.
    Aber reisen kann man auch, wenn man nicht soviel Geld hat und jung ist. Das zeigen ja viele junge Leute, die mit dem Rucksack unterwegs sind.
    Was ich an den Leuten in den neuen Bundesländern gut finde, sie können organisieren und sie können aus allem etwas machen, was bei den Leuten hier in unseren Breitengraden nicht so ist.

    Ich könnte noch mehr schreiben und nach diesen zwei Jahren, sind wir keine Einheit mehr und es gibt nur noch Schwarz oder Weiß. Was ist nur aus diesem Staat geworden.
    kIch wünsche dir alles Gute und einen schönen Tag der Einheit. Hier sieht das Wetter nicht so gut aus, aber ich werde eine Runde im Leudelbachtal drehen.
    Liebe Grüße Eva

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    1. Liebe Eva,
      danke für Deine ausführlichen Gedanken. Ja, diese Gesetze, dasz alles Diebstahl ist - von Feldern, aus Containern - die stören mich auch. Denn es sind aufgegebene Dinge, die da lieber verkommen sollen als jemandem nützen - diese Mentalität ist mit fremd!
      Klar, mit 30 wäre ich noch jung genug zum alternativen Reisen gewesen, aber in der Zeit hatte ich echt andre Sorgen, z.B. das Geld für die nächste Miete aufzubringen und so - da war an Auszeit oder Urlaub bei mir nicht zu denken. Dann wäre hinterher die Existenz futsch gewesen. Und, ehrlich: als junge Frau alleine zu trampen...hätte ich mir im vereinigten Deutschland nicht mehr zugetraut. Sozialstruktur hatte ich ja leider niemals... liegt an meiner Behinderung, oder, korrekter gesagt: Neurodiversität ;)
      Ich backe grad einen Pflaumenkuchen für meinen Schatz und mich, zur Feier des Tages - garteneigene Pflaumen - und vielleicht schaff ich heut auch ein paar vorsichtige Schrittchen vor die Tür nach meinem kleinen Unfall(?).
      Einen schönen Tag Dir
      Mascha

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    2. PS: da war doch glatt mein eigener Kommentar im SPAM gelandet und ich habs erst jetzt gesehn!

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  2. Hallo Mascha,
    damals war ich 24 und wir waren vorher öfters in Falkenstein (Vogtland) zu Besuch. Mein Vater war dort als Kind mit seinen Eltern aus Köln evakuiert worden und daraus hatte sich eine Freundschaft entwickelt.
    Einige sind auch zu den Montagsdemos gegangen und sie meinten auch, wir wollen doch nur z. B. reisen wohin wir wollen und wir kommen doch zurück.
    Mascha, ich hätte niemals gedacht dass unsere Freiheit mal so einfach "weggenommen" wird von einer Regierung und man nicht reisen darf oder einfach Geschäfte geschlossen werden. Auch diese Ausgrenzung von Ungeimpften und wie alle mitgemacht haben hätte ich nie für möglich gehalten.
    Viele "Wessis" schlafen immer noch und die "Ossies" zeigen es wie es geht.
    Mir stehen immer öfters die Haare zu Berge aufgrund dieser Fehlpoltik.
    Deutschland wird in den Ruin getrieben und die Zeche zahlt der Bürger.
    Eva, hat auch schon einiges geschrieben und deshalb möchte ich nicht nochmal das gleiche schreiben.
    Dann wünsche ich dir einen schönen Tag und lasst euch den Pflaumenkuchen gut schmecken.
    Gruß
    Hannelore

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  3. Interessante Gedanken, liebe Mascha, sehr eigens für Dich. Ich denke, die Wende und was danach folgte, hat so wie so jeder für sich selbst und ganz anders erlebt und Du hast sehr anschaulich beschrieben, wie es DIR damit gegangen ist und noch geht. Ein wirklich außergewöhnlicher Einblick…… Danke.
    Alles Liebe
    Rosi

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