Montag, 26. August 2024

Lernen. Lebenslänglich.

 


Lernabenteuer jenseits des Klassenzimmers ist das Thema 
einer Blogparade von Sabine Landua
 
 
Ich würde sagen, das ganze Leben ist ein Abenteuer.
Und Lernen ist lebenslänglich. Möglich. Nötig. 
Auch wenn man nie ein Studium absolvieren konnte
(was für mich immer noch eine entfernte Ähnlichkeit mit Klassenzimmer hat,
denn da wird einem durch Lehrkräfte etwas vermittelt).
 
*

Laufen lernen. Greifen. Be-greifen.
Später die Dinge beim Namen nennen.
Sprache. Sätze bilden.
Glücklich, welches Kind da Unterstützung durch Eltern erfährt
(ohne dadurch eingeengt zu werden).

Es macht mich oft betroffen, Eltern/Mütter zu sehen,
welche pausenlos am Handy herumdaddeln.
Dabei mechanisch und unaufmerksam den Kinderwagen schaukeln.
Ohne Blickkontakt, ohne einzugehen auf das Kind.
Kleinkinder, die in räumlicher Elternnähe auf  sich allein gestellt sind.
Stundenlang. Keine Antwort auf ihre Fragen.
Selfie-Posten in sozialen Netzwerken scheint wichtiger zu sein.
Ich frage mich oft, wie diese heutige Kindergeneration sich entwickeln wird.

In meiner Generation war es zum Glück noch ganz anders.
Meine Eltern haben mich gut unterstützt.
Dinge ausführlich erklärt - das war mir als Kind manchmal lästig (da zu ausführlich).
So richtig wertschätzen gelernt habe ich es später.
Im Nachhinein.
Es hat mir einen guten Grundstock gegeben.
 

Schule ist wichtig. Als Basis.
Analphabetentum macht das Leben unnötig kompliziert.
Mathe lernen, Physik und Chemie.
Was alltägliche Vorgänge verständlich werden läszt.
Die kyrillischen Buchstaben. Erste Worte in fremder Sprache.
Die ich selbst durch aktives Hören dann weitergelernt hab.
In Zeiten von Internet inzwischen wieder erinnert. 

Der Deutschunterricht hat mir die Freude an Literatur und Schreiben verleidet.
Das hat Jahrzehnte gebraucht, darüber hinwegzukommen.
Meinen eigenen Schreibstil zu finden, in den ich mir auch nicht hineinreden lasse.
Der Zeichenlehrer bläute mir ein, dasz ich es nun mal nicht könne.
Auch das habe ich viel zu lange geglaubt.

Schule war auch ein Ort des Schreckens.
Ausgrenzung, Mobbing, subtile und rohe Gewalt.
Bis heute noch Alpträume. Gelegentlich.
Wer anders ist (Autistin) hat nichts zu lachen im sozialistischen Kollektiv.
An dem kann sich jeder abreagieren.
Sogar Lehrer taten das.

Ich war jedenfalls froh, der Hölle endlich zu entkommen.
Ohne höhere Bildung, ohne Abitur. 

Lernen konnte ich allemal, auch allein. Auszerhalb von Klassenzimmern.
Ob in der Natur oder in Büchern, oft greift eines ins andere.

Schon als jüngeres Schulkind hatte ich mir anhand eines Buches 
die Sütterlin-Schreibschrift beigebracht.
Das hat mir späer als Postfrau noch oft geholfen.

Anhand einer Grifftabelle brachte ich mir Blockflöte spielen bei.
Notenlesen war mir da schon geläufig.
Es machte mich glücklich, mir selbst Musik und andere Bereiche zu erschlieszen.
Ganz im praktischen Tun.
 
Den Umgang mit Farben kam später. Gestalten. Dinge formen.
Ich hab sowas immer gern ganz alleine gemacht.
Manchmal brauchte und bekam ich dazu auch einen kleinen Anstosz.
Der mir gefehlt hatte um weiter zu kommen.
 
Mein Opa vermittelte mir Grundkenntnis im Fotolabor.
Den Film entwickeln, das Bild entstehen sehen, den nächsten Versuch verbessern.
Das hat mir mehr Freude gemacht als heute digitale Klicks und Fotoprogramme.
Die mich eher frustrieren und Bildschirmarbeit bekommt meinen Augen nicht gut.
 
Als Jugendliche in einem Polen-Urlaub auf eine polnische Jugendgruppe gestoszen.
Bekam ein Buch in die Hand gedrückt, sollte mitsingen.
So prägt sich Phonetik am allerbesten ein!
Und schon bekannte slawische Wortstämme helfen beim Verstehen.
 
*
Das spätere Leben wurde rauer und ich lernte maches dazu, 
worauf ich gern verzichtet hätte.
Leben mit diffuser Bedrohung. Bespitzelung. Sich verbiegen müssen um 
politisch zu überleben (das war am schwersten zu lernen).
 
Noch später die prekäre Situation.
Aber auch die hat mich weiter gebracht. 
Kreativität, um das Allernötigste zu beschaffen. 
Kochen ohne jedes Rezept, nur aus zufälligen , nicht selbst ausgesuchten Dingen.
 
Eine Alarmanlage basteln in einem Haus ohne Fenster und Türen.
Schutz finden, Kälte überleben ohne Dach überm Kopf.
Leben, aufs absolute Minimum reduziert.
Wenn man so etwas einmal wirklich gesehen hat, ändert es den Blick
 auf Wohlstand und scheinbar nötige Dinge.
Umgang mit Menschen auszerhalb der bürgerlichen Welt.
Solche Erfahrung kann helfen, Vorurteile und Ängste abzubauen.

*

Etwas medizinische Grundkenntnis in einer Umschulung in Physiotherapie.
Das war kein seriöser Bildungsträger, aber ich nahm mit, was ich kriegen konnte.
Zur Selbsthilfe half es mir allemal weiter.

Durch einen Telefonjob, um mich über Wasser zu halten, und durch eine 
ganz persönliche Beziehung wurden mir die Hintergründe von BDSM klarer.
Ohne dasz ich selbst je solche Neigungen hatte.
 Verstehen ist immer gut, um nicht abzuwerten und zu verurteilen.
 
Durch einen mir damals ziemlich ungewollt zugefallenen Garten
viel über Pflanzen und Gärtnern gelernt. 

Irgendwann ca. 2003 einen alten PC geschenkt bekommen.
Ich wuszte noch nicht mal, wie dieser eingeschaltet wird.
Try-and-error-Prinzip.
Heute ist er nicht mehr wegzudenken.
 
Durchs Bloggen dann etwas Englisch gelernt, also Schreiben und Lesen.
Sprechen/gesprochen verstehen könnte ich es nicht, da ich es ja nie höre.

Durch eine zugelaufene Katze viel über Katzen, ihre Bedürfnisse, Verhaltensweisen,
 Besonderheiten und Krankheiten gelernt.
Nein, eine Katzenflüsterin bin ich noch nicht, aber auf dem Wege ;)
 

So könnte ich noch vieles aufzählen. Eins greift ins andere.
Das meiste, was ich gut kann, habe ich praktisch und ganz alleine gelernt.
Leben ist ein Abenteuer und ein Lernprozesz.
Lebenslänglich.



PS: Geplatzte Träume oder was ich nie die Möglichkeit hatte zu lernen:

Klavier spielen (war mein Kindertraum, Mutter wollte aber kein Klavier)
Auto fahren (war nie finanzierbar)
Fotografie oder Slawistik studieren (in der DDR nicht möglich, später finanziell nicht drin)
 

Was ich immer versucht hab, aber doch nie lernen konnte:
 
soziales Lächeln
nonverbale Kommunikation
soziale Regeln und Situationen verstehen
Smalltalk
Gesichter wieder erkennen
mit Ärzten und med. Personal kommunizieren

3 Kommentare:

  1. Ich mag deine Texte sehr, auch diesen. Ist die Art der Formatierung eigentlich gewollt ?

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    Antworten
    1. Danke :)
      Ja, das ist gewollt. Längeren Fliesztext mag ich nicht so, sehe aber auch nicht ein, warum ich ein Inhaltsverzeichnis mit Nummern und Abschnitte mit Unterüberschriften machen soll (wie im Bloggerland neuerdings üblich) - es ist ja nur ein ganz persönlicher Text und kein Wiki-Eintrag oder wissenschaftliche Arbeit.
      Ich denke, so ist es lesbar und hinreichend ästhetisch.

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  2. Liebe Mascha,
    vielen Dank für deinen Beitrag zu meiner Blogparade und den Einblick in deine Lernabneteuer! Auch ich habe mir als Kind Sütterlin-Schrift beigebracht, mittlerweile müsste ich diese Kenntnisse aber wieder auffrischen, vermute ich mal. Es ist wirklich spannend, was man alles lernt, wenn man motiviert ist!
    Liebe Grüße
    Sabine

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