Mittwoch, 31. Juli 2024

Verborgen im Schilf

 

 

Im Rahmen von Myriades Impulswerkstatt gibt es dieses Foto.
Und meine frei fantasierte Geschichte dazu. 

*
 
 
Endlich Sommer, endlich Ferien!
Sie machten das Wohnmobil klar und fuhren ins Blaue hinein.
Blieben, wo es ihnen gerade gefiel.
Lieszen die Wälder hinter sich, überquerten eine Grenze.
Der Campingplatz lag nahe bei einem See.
Laszt uns hier bleiben! meinte sie. Max und Leo waren es zufrieden. 
 
Hinter dem See, zwischen Feldern lag das Dorf. Was davon noch übrig war.
Die Kirche war noch intakt und einige wenige Häuser bewohnt. 
Der Rest in verschiedenen Stadien des Zerfalls begriffen.
Das grosze Gutshaus, gleich vorne am See, hatte längst kein Dach mehr.
 
Frühmorgens in der Stille ging sie schwimmen.
Sie liebte diese Morgen, wenn alles noch schlief.
Mühelos glitt sie durchs Wasser bis ans andere Ufer heran.
Legte, im Schilf verborgen, einer kurze Ruhepause ein.

Da hörte sie helles Kinderlachen und eine Stimme rief: Leokadia!
Doch als sie schaute, war da niemand. Nur das verfallene Gehöft.


Es blitzte auf wie von ganz ferne: hier war sie schon einmal!
Hörte das Lachen, den gerufenen Namen.
Ein einziges Mal nur. Noch einmal kam sie dann nicht.

Es war das Dorf, aus dem man sie fortgejagt hatte.
Weil sie eine Fremde war und obendrein ein Kind der Schande trug.
Die Gutsfrau hatte sie entlassen müssen - 
zu grosz war der Druck der Dorfleute gewesen.
 
Doch sie gab ihr eine gröszere Summe Geld und eine Adresse in der Stadt.
Das Zimmer sei für drei Monate bezahlt, dort könne sie erst einmal bleiben.
Auch für eine Hebamme war schon gesorgt.

Diese nahm das Bündel und trug es fort.
Sie hatte es ihr nicht einmal in den Arm gelegt.
So sei es besser. Und liesz sie allein zurück.

Ja, so war es besser. Sagte sie sich auch selbst.
Nachdem sie sich erholt hatte, fand sie eine neue Stellung in der Stadt.
Mit Kind hätte sie niemand genommen.

Das Dorf wollte sie nie wieder sehen.
 
Doch eines Sonntags, noch im Nachtdunkel, machte sie sich auf den Weg.
Es wurde hell bis sie ankam und sie verbarg sich im Schilf.
Da hörte sie das Lachen und sah das kleine Mädchen für einen Augenblick.
Und eine vertraute Stimme rief: Leokadia!
Da schlich sie sich davon.


Als sie sich wieder gefangen hatte, schwamm sie zurück.
Max bereitete gerade das Frühstück und Leo war am Erwachen.
Ganz fest nahm sie ihre kleine Tochter in den Arm.
 
 

2 Kommentare:

  1. Das ist aber eine besonders fiese Art der Kindesentführung ! Der Text hat so eine interessante Stimmung, irgendwo zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Realität und Traum. Er hat auch etwas Biblisches an sich. Da kam es ja auch vor, dass der Patriarch mit einer Magd ein Kind zeugte, dass dann von der Frau des Patriarchen als ihres angenommen wurde. Es gibt zeitlose Themen. Vielen Dank für den Beitrag und liebe Grüße

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