Der morgendliche Nebel hat sich zu unbeschreiblich düsterer nasser "Waschküche"
verdichtet, man kann ohne Lampe im Zimmer kaum etwas sehn.
Ich habe mir zum einsamen Mittagsmahl (Schatz ist noch in Quarantäne)
zwei Kerzen angezündet...und da kam ich dann ins Grübeln.
Was sonst gar nicht so meine Art ist.
Vorher, als die Suppe kochte, war ich am PC und bekam gerade per mail
einen Beitrag vom Schreibenblog herein, das ich abonniert hab.
Da war er wieder, dieser Satz:
Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die keiner kann.
Das ist zweifellos richtig, doch ich mag den Satz nicht.
Wollte mich dazu eigentlich nicht äuszern - es ist ja auch kein Musz,
sich an der Impulswerkstatt zu beteiligen.
Ich hatte mir da bereits andere Plaisierchen für mich herausgepickt.
Der Schüler nun hatte es getan und diesen Satz aufgegriffen.
Der mir nicht gefällt.
Ein guter Text, dachte ich beim Lesen und ganz gewisz ist es tröstlich,
das von den Elten als Kind so gesagt zu bekommen.
Man ist nun mal nicht immer daran schuld,
wenn man anderen etwas nicht recht gemacht hat.
Und alle Menschen kriegt man sowieso nie unter einen Hut,
dazu sind sie zu verschieden.
Was auch gut so ist.
Finde ich. Immer noch.
Trotzdem: ich mag den Satz einfach nicht
und mir wurde er auch nicht von den Eltern vermittelt.
Ich bekam ihn ziemlich häufig im späteren Leben an den Kopf geworfen.
Zumeist schnippisch, vorwurfsvoll oder abwertend gemeint.
Tjaa, allen recht getan - - -
Die Situationen aufzuzählen, führt hier zu weit und oft waren es Sachen,
die ich dann möglichst schnell vergessen habe oder wollte.
Und es hatte ja noch nicht einmal immer mit mir persönlich zu tun,
sondern einfach nur mit meiner etwas anderen Meinung zu einer Sache,
die ich eben ganz sachlich irgendwo beizutragen versuchte.
Da konnte es um die Gestaltung eines Blumenbeetes gehen
oder um ausländische Mitbürger oder auch um die Gutwilligkeit,
einige Obdachlose an Weihnachten in die eigene gute Stube einzuladen.
Nett gemeinte Geste, hat nur nicht funktioniert.
Aber wenn ich im Vorfeld solcher Planung mal eine andere Sicht auf die Dinge
ansprach, war am Ende ich es, die mal wieder diesen Satz an den Kopf bekam.
Als ob es mich beträfe.
Nun ja, betroffen gemacht hat es mich etliche male schon!
Und natürlich kann das auch an mir selbst liegen.
An meiner Unfähigkeit zu erfolgreicher Kommunikation.
Dieser Satz kam für mich grundsätzlich von Menschen, die sehr festgelegt,
ja starr in ihrem Weltbild, ihren Ansichten waren.
Nicht bereit, jemals einen anderen Blickwinkel einzunehmen
oder eine abweichende Meinung überhaupt mal zu bedenken.
Fremde Kulturen, Gebräuche, Lebensweisen in ihre starren Schemen einordnend,
wo sie nicht hineinpaszten und damit auch recht schnell abgeurteilt wurden.
Allen Menschen recht getan... als Ausrede für Bequemlichkeit.
Nicht wirklich hinschauen, nicht wissen wollen.
Wo es oft nur einiger Kleinigkeiten bedurft hätte, etwas ganz viel besser zu machen.
Mit diesem Satz als Vorwurf an meine Person - um mich nicht anhören zu müssen -
wurde ich dann aus dem jeweiligen Prozesz ausgeschaltet und abgewürgt.
Meist hab ich dann die Gruppierung verlassen oder ich wurde einfach
von den anderen stehen gelassen.
Tjaaa, allen recht getan - - -
Heute, im Rentnerdasein, komme ich nicht mehr zwangsläufig mit Menschen
zusammen, mit denen ich etwas gemeinsam machen sollte, möchte oder musz.
Und ich hab mir ohnehin längst abgewöhnt, irgendwo noch meine Meinung zu sagen.
Als Abweichlerin von gängigen Normen ist das wohl auch zwecklos.
Der Satz bleibt für mich ein Triggersatz.
Ich werde ihn nie an Kinder weiter geben.
So wahr er auch ist.
Ich mag den Satz auch nicht besonders, obwohl er doch eigentlich eine große Wahrheit ausspricht. Nur als Begründung für das Nicht-Akzeptieren anderer eignet er sich gar nicht. Ich lese sehr interessiert von deinen diesbezüglichen Erfahrungen.
AntwortenLöschenÜberhaupt lese ich gerne von deinen Erfgahrungen. Dass du nicht gut im Erzählen mit Worten bist, wie du unlängst in einem Fragen-Beitrag geschrieben hast, kann ich gar nicht bestätigen. Ich finde du kannst sehr gut erzählen und auch beschreiben, noch dazu in ganz eigenem Stil. Ich freue mich, dass du bei der Impulswerkstatt mitmachst und bedanke mich für diesen Beitrag !
Ganz liebe Grüße von Myriade und gute Genesungswünsche an deinen Schatz !
Danke :)
LöschenEs gibt noch einen weiteren und schlimmeren Triggersatz für mich - von der Art her, wie er gebraucht wird und von welchen Menschen - das ist: Alles kann, nichts musz.
Vielleicht kommt der auch mal in die Impulswerkstatt ;)
Nee, dazu sag ich aber nix!
Wenn Du das mit den 1-Wort-und-Punkt-Sätzen bei mir meinst: das ist beeinfluszt durch Eva Strittmatter, die mich als junge Frau sehr ansprach und eigentlich auch heute noch...
Letzte Abendblaugraugrüsze
Mascha
Liebe Mascha, ich habe gerade angefangen, mich in die ersten Impulsergebnisse einzulesen und bin auch mit ambivalenten Empfindungen an diesem Satz hängengeblieben. Im Blogleben begegnen einem ja auch immer wieder Konfrontationen, auf die man ihn anwenden könnte, in Situationen, in denen ich mir aber wünschen würde, die streitlustigen Persönlichkeiten würden ihn für sich selbst im Stillen anwenden, und nicht die Angegriffenen im Stillhalten. Insofern stimme ich dir vollkommen zu: der Satz wird bestimmt als Waffe gegen die Sensiblen viel häufger offensiv verwendet, als er denen helfen könnte - er triggert mich auch unangenehm.
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